Sprachstörungen bei Kindern

Sprachfehler treten immer häufiger auf

Lispeln, Stottern oder Stammeln sind heute fast schon alltäglich, was die Unbehaglichkeit dieser Defekte zunehmend verschleiert. Doch gerade für Kinder werden Sprachfehler oft zum Alptraum. Wann wird es ernst?

In einer Zeit der zunehmenden Toleranz werden Sprachfehler größtenteils akzeptiert und kein Mensch braucht sich heute allzu große Sorgen machen, von einem Mitmenschen für sein Lispeln gedemütigt zu werden, wenn wir von erwachsenen Menschen ausgehen. Doch die Perspektive verdunkelt sich, wenn man sich in den Körper eines kleinen, vielleicht stotternden Kindes hinein versetzt. Taktgefühl, Anstand und Rücksichtnahme, das alles sind Charaktereigenschaften, die Kinder erst noch im täglichen Umgang erlernen müssen.

Das kann zu schnell eskalierenden Momenten in Gruppensituationen führen. Bei einer gewissen Abneigung reicht Kindern häufig die kleinste Ungereimtheit, um eine heftige Mobbing-Kampagne in Gang zu setzen. Um traumatische Ereignisse, Isolation oder sonstige schlechte Erfahrungen für das Kind möglichst zu verhindern, ist es ratsam, lieber übervorsichtig als allzu geduldig zu sein: ein kurzer Besuch beim Hausarzt oder beim Hals-Nasen-Ohren-Arzt tut niemandem weh.

Die Zahl der von Sprachstörungen betroffenen Kinder nimmt zu

Es wird angenommen, dass jedes vierte Kind eine Sprachstörung aufweist. Die Vielfalt der Sprachstörungen wird nur noch überboten von der Menge der verschiedenen Ursachen; Allheilmittel oder ein Allzweckmittel aus Oma’s kleinem blauen Buch, sucht man vergeblich. Deswegen müssen Therapien meist individuell mit Logopäden ausgearbeitet werden.

Dafür müssen die Eltern nicht nur den ersten Schritt machen, indem sie einen Arztbesuch anordnen, sondern werden meist auch praktisch in die Therapie mit einbezogen. Stottern und Lispeln sind die beiden am häufigsten auftretenden Sprachstörungen bei Kindern, dabei steht nicht immer fest, dass es sich um eine wirkliche Störung handelt oder ob das Kind nur eine kurze Phase durchmacht, aus der es selbst wieder herausfindet.

Mysterium Stottern

Stottern ist eine besonders harte Erfahrung für Kinder, denn Menschen, die stottern, erwecken bei  nicht stotternden Menschen oft den Eindruck geistiger Langsamkeit. Es ist ein typischer Fehler von ignoranten Menschen, die von äußeren Erscheinungen auf innere Eigenschaften schließen wollen: Wer redet, als hätte er einen Sprung in der Platte, kann ja unmöglich fließend und problemlos denken. Kinder sind besonders anfällig für solch einfältige Schlüsse, dadurch fällt ihre Diskriminierung auch meist umso heftiger aus. Kinder mit geringem Selbstvertrauen (und welches Kind kann solch ein Selbstvertrauen entwickeln, wenn es jeden Tag in der Gegenwart von Kindern verbringt, die es auf hinterhältige Art herabwürdigen) können von diesen Attacken traumatischen Erfahrungen für das ganze Leben mitnehmen.

Dabei ist Stottern ein flächendeckendes Phänomen. Fast jedes Kind hat in seinem frühen Leben eine kurze Phase, in der es zum Stottern neigt. Die meisten Kinder legen also ihr Stottern von allein wieder ab. Jedoch sinkt die Wahrscheinlichkeit, dass dies geschieht, mit zunehmender Dauer der Verhaltensweise.

Stottern als wirkliche Störung, bei der eine professionelle Behandlung sehr empfohlen wird, tritt schätzungsweise bei fünf Prozent der Kinder auf. Ein aussagekräftiges Symptom für ein wirkliches Stottern-Leiden sind Zeichen der Anstrengung beim Sprechen, so zum Beispiel das Ballen einer Faust oder auch sonstige krampfhafte Mitbewegungen. Wenn die Sprechunflüssigkeiten mehr als sechs Monate andauern, muss man damit rechnen , dass es sich um einen ernsthaften Fall handelt.

Therapie so schnell wie möglich

Außerdem entwickeln betroffene Kinder meist unterbewusst Vorbeugungsstrategien gegen unangenehme Symptome. Sie versuchen Situationen, in denen sie ihr Stottern erwarten, zu vermeiden. Die Angst vor dem Sprechen kann sich in Scham äußern. Aber auch zu einer latenten Psychose heranwachsen, die in dem Kind Minderwertigkeitskomplexe auslösen könnten. Gerade der Druck, der von Mitschülern ausgeübt wird, kann dazu gehörig beitragen.

Um dem Kind die Ausbildung eines gesunden Selbstbewusstseins zu ermöglichen, das mit fortschreitendem Alter immer wichtiger für sie oder ihn wird, ist der Besuch eines Arztes in solchem Fall äußerst ratsam. Die Ursachen für das Stottern sind noch wenig erforscht. Patienten werden zum Teil grundverschieden behandelt, weswegen stark davon abzuraten ist, das Kind selbst therapieren zu wollen.

Wichtig ist aber, dass die Erfolgsaussichten einer Therapie größer sind, je früher das Kind behandelt wird. Eine logopädische Behandlung muss angeordnet werden, das heißt, erst einmal zum Hausarzt oder zum Hals-Nasen-Ohren-Arzt und sich, wenn nötig eine Überweisung geben lassen. Dann werden die Kosten, die beim Logopäden anfallen, auch von der Krankenkasse übernommen.

Dyslalie

Ein Kind, das an einer Dyslalie leidet, kann bestimmte Laute nicht richtig aussprechen oder ersetzt sie einfach durch andere. Also zum Beispiel: „Tlassenfahrt“ statt „Klassenfahrt“ oder „Totolade“ statt „Schokolade“. Auch das Lispeln ist eine Form der Dyslalie.

Es ist zwar normal, dass Kinder beim Erlernen der Sprache nicht als Koryphäen der Rhetorik beginnen. Bis zum Ende des fünften Lebensjahres sollten sich aber die korrekte Verwendung von Sprachlauten und Lautverbindungen eingestellt haben. Unterscheidet sich die Aussprache des Kindes dann immer noch deutlich von der Gleichaltriger, sollten die Eltern in Betracht ziehen, dass es sich um eine Sprachstörung handelt. Der Hausarzt kann nach genauerer Untersuchung eine Überweisung zu einem Logopäden ausstellen.

Ursachen können sowohl aus dem anatomischen Bereich stammen, zum Beispiel bei zu schwacher Mundmuskulatur, als auch aus dem Bereich Wahrnehmung. Dazu zählen Hörstörungen oder wenn das Kind zwischen ähnlich ausgeprochenen Lauten nicht Unterscheiden kann (zum Beispiel Kopf und Topf).

Am besten findet man heraus, ob das Kind an einer Dyslalie leiden könnte, indem man seine Artikulation mit gleichaltrigen Kinder vergleicht. Auch bei einer Dyslalie gilt: Je früher sie entdeckt wird, desto besser lässt sie sich behandeln.

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