Grundlagen der Ernährung Sekundäre Pflanzenstoffe: Newcomer auf der Ernährungsbühne Andre Bunde Sekundäre Pflanzenstoffe nehmen den Rang eines Newcomers auf der Bühne der Nahrungsbestandteile ein. Erst relativ spät entdeckt, erscheinen sie heute in einem ganz anderen Licht. Obwohl viele ihrer Wirkungen noch unerforscht sind, ist deren Stoßrichtung bis jetzt doch insgesamt recht eindeutig: Sie sind gesundheitsfördernd. Sekundäre Pflanzenstoffe lassen aufgrund ihres Namens schon zwei ihrer wesentlichen Charaktereigenschaften erkennen. Zum einen werden sie ausschließlich von den Pflanzen produziert. Zum anderen kommen sie nicht im primären Stoffwechsel der Pflanze zum Zug. Sie dienen demnach nicht der Energieerzeugung oder der Bildung von Zellen, sondern erfüllen andersartige Aufgaben, die nicht dem unmittelbaren Überleben des Organismus dienen. Zu diesen gehören beispielsweise der Schutz vor UV-Licht und vor Fraß oder die Farb- und Duftstoffbildung zur Verbreitung der Pflanzensamen. Für den Menschen ist die Bedeutung sekundärer Pflanzenstoffe nicht essentieller Natur. Im Gegensatz zu den primären Pflanzenstoffen, also den Kohlenhydraten, Fetten, Eiweißen, Vitaminen und Mineralstoffen, spielen sie keine grundlegende Rolle bei der Aufrechterhaltung unserer Körperfunktionen. Dafür wirken sie jedoch als eine Art Bio-Medikament: Ihr Konsum beugt Krankheiten vor. Deshalb wird in der Wissenschaft zunehmend überlegt, sie als semi-essentiell einzustufen. Wirkungsfelder sekundärer Pflanzenstoffe Die bisher bekannten Wirkungsweisen der sekundären Pflanzenstoffe entfalten sich auf unterschiedlichen Feldern. An erster Stelle findet häufig ihre Krebsrisiko senkende Funktion Erwähnung. Sie können hierbei ganz einfach als Gegengift in Erscheinung treten, das Erbgut gegen Giftstoffe abschirmen, Substanzen hemmen, die die Giftstoffe aktivieren, die Selbstheilungskräfte fördern, die Kommunikation zwischen den Zellen verbessern oder Hormone beeinflussen, die den Krebs fördern. Des Weiteren kommen die sekundären Pflanzenstoffe oft als Schutz vor Pilzen, Bakterien oder Viren zum Einsatz. Auch ihre antioxidative Wirkung, also der Zellschutz vor freien Radikalen, ist unumstritten. Außerdem können sie den Cholesterinspiegel senken, indem sie die Ausscheidung von Cholesterin fördern beziehungsweise dessen Aufbau oder Aufnahme senken. Ebenso sind sie in der Lage, Entzündungsreaktionen wie Rötungen oder Schwellungen zu mildern. Da sie das Blut verdünnen, wird sogar eine prophylaktische Wirkung in Bezug auf Thrombose angenommen. Aufgrund der genannten Effekte ist es nicht sonderlich überraschend, dass sie insgesamt dem Immunsystem zuträglich sind. Daneben haben sie, ähnlich den Ballaststoffen, verdauungsfördernde Eigenschaften. Unübersichtlichtkeit bei ihnen – Abwechslung bei uns Sekundäre Pflanzenstoffe sind chemisch sehr unterschiedlich zusammengesetzt. Je nach Struktur können sie in neun Gruppen eingeteilt werden. Daneben existieren auch andere sekundäre Pflanzenstoffe, die nicht zugeordnet werden können. Von den 30000 bekannten kommen ungefähr 10000 in der Nahrung vor. Ihrer ungeheuren Vielzahl steht die äußerst geringe Menge gegenüber, die wir bei durchschnittlicher Ernährungsweise zu uns nehmen. Sie beläuft sich gerade einmal auf 1,5 Gramm am Tag. Der exakte Bedarf an den einzelnen Pflanzenstoffen, der zur Erreichung der jeweiligen Wirkungen notwendig ist, konnte bis jetzt noch nicht ermittelt werden. Nach jetzigem Erkenntnisstand ist gerade die Kombination von mehreren sekundären Pflanzenstoffen für einige Wirkungen und die Gesundheit insgesamt entscheidend. Sowohl diese Umstände als auch die Vielzahl und die unterschiedlichen Effekte von sekundären Pflanzenstoffen dienen Ernährungsexperten als Begründung für die Empfehlung, eine möglichst breite Nahrungsmittelauswahl zu treffen. Als konkretere Richtlinie findet sich häufig die Angabe, täglich möglichst fünf verschiedene Portionen von Obst und Gemüse zu sich zu nehmen. Idealerweise sollte dies in roher oder schonend gegarter Form geschehen. Der Begriff „Portion“ ist hierbei ansonsten sehr variabel und fasst die Lebensmittel in allen erdenklichen Erscheinungsformen zusammen, egal ob es sich nun um den Apfel zwischendurch, den Salat als Beilage, das Kompott aus der Konserve, den gelegentlichen Gemüsesaft oder die Tomatensoße handelt. Zu beachten bei der Zubereitung und dem Konsum ist allerdings der Umstand, dass viele sekundäre Pflanzenstoffe besonders stark in den Randschichten der Nahrungsmittel vertreten sind. Behutsames Schälen oder gar ein kompletter Verzehr, wenn es denn die Eigenschaften des jeweiligen Produktes erlauben, sind also durchaus angebracht.