Ernährungsgrundlagen

Milchsäurebakterien: Gegärt ist nicht verkehrt

Sauerkraut und Joghurt sind in unseren Breitengraden sicherlich jedem bekannt. Für ihre Herstellung wird eine Methode verwendet, die fast so alt ist wie die menschlichen Kulturen selbst: Die Fermentation.

Fermentation ist die Art von Gärung, die ohne Sauerstoff, also anaerob, abläuft. Als ihr Drahtzieher können die Milchsäurebakterien, oder auch Laktobazillen, angesehen werden. Wie schon durch ihren Namen angedeutet, tun sie im Prinzip nichts anderes, als Kohlenhydrate in Milchsäure umzuwandeln. 

Bei der Milchsäure handelt es sich genau genommen um ein Abfallprodukt, das die Milchsäurebakterien bei der Verwertung der Kohlenhydrate ausscheiden. Letztere stellen die einzige Grundlage zur Energiegewinnung dieser extrem spezialisierten Bakterien dar. Sie sind zu keinem anderen Stoffwechsel als dem der Gärung fähig. 

Der Haltbarkeitseffekt beruht im Wesentlichen auf der Absenkung des pH-Werts und dem Abbau der leicht verfügbareren Kohlenhydrate. Es gibt etliche Stämme von Milchsäurebakterien, die jeweils einen unterschiedlichen pH-Wert aufweisen und andersartige Aromastoffe ausbilden. Am bekanntesten dürften die daraus resultierenden Milchprodukte wie Kefir, Joghurt oder Käse sein. Durch die entstehende Milchsäure wird das Milcheiweiß ausgefällt, so dass eine Verdickung einsetzt. Jedoch ist auch bei Gemüse, Hülsenfrüchten, Getreide, Fisch und Fleisch eine Fermentation möglich. 

Im Joghurt liegt die Kraft 

Auch in der menschlichen Darmflora gehören Milchsäurebakterien zu den wichtigsten Bewohnern. Hier erfüllen sie viele wichtige Funktionen. Nehmen wir fermentierte Lebensmittel zu uns, bekommen sie tatkräftige Unterstützung. Davon wird zumindest im Falle von fermentierten Milchprodukten ausgegangen. Ihnen wird eine gesundheitsfördernde Wirkung nachgesagt. Seinen Ursprung hat diese Vorstellung in den Untersuchungen des russischen Biologen Metschnikoff, der Anfang des 20. Jahrhunderts feststellte, dass bulgarische Bauern eine überdurchschnittlich hohe Lebenserwartung aufwiesen. Er brachte diese Tatsache mit dem dortigen hohen Konsum an Joghurt in Verbindung. Seine gesundheitsfördernde Wirkung führte er auf die in ihm enthaltenen Milchsäurekulturen zurück. 

Der Wermutstropfen 

Die Erkenntnis Metschnikoffs fand in etlichen Studien ihre Bestätigung. Doch hat sie zumindest für den Durchschnittskonsumenten einen beträchtlichen Haken. Die in den üblichen Milchprodukten enthaltenen Laktobazillen sind äußerst empfindlich. Um überhaupt irgendwelche Wirkungen zeitigen zu können, müssen sie in hoher Zahl im Darm ankommen – natürlich lebend. Schon wärmebehandelter Joghurt oder erhitztes Sauerkraut machen diesem Vorhaben ein Strich durch die Rechnung. 

Aber selbst unbehandelte oder rohe Produkte müssen in relativ hohen Mengen verzehrt werden, da ein großer Prozentsatz von der Magensäure vernichtet wird. Selbst wenn wirklich eine genügend hohe Menge an lebenden Milchsäurebakterien im Darm ankommt, können sie sich nur kurzzeitig dort halten, weil die Darmflora äußerst dicht und optimal an die individuellen Bedingungen im Darm angepasst ist. Deshalb müssen fermentierte Milchprodukte regelmäßig verzehrt werden. 

Für eine aktive Darmflora 

Wenn es ihnen gelingt, sich vorübergehend im Darm festzusetzen oder aufzuhalten, so die Forschung, verbessern Milchsäurebakterien die Milieubedingungen erwünschter Mikroorganismen, behindern aber die Entwicklung unerwünschter. Dadurch wird das Risiko von Infektionen gemindert. Beispielsweise wird das Auftreten oder zumindest die Dauer bestimmter Durchfallerkrankungen verringert. Auch wird angenommen, dass sie die Konzentration gesundheitsschädlicher Stoffwechselprodukte und krebsfördernder Enzyme senken. Für Menschen, die unter einer Milchzuckerunverträglichkeit leiden, sind fermentierte Milchprodukte allgemein von Bedeutung, weil ihr Körper sie in der Regel besser aufnimmt. 

Probiotisch? 

Um die genannten Effekte besser zu verwirklichen oder überhaupt erst zu erzielen, werden seit geraumer Zeit probiotische Produkte angepriesen und verstärkt in Umlauf gebracht. Im Grunde genommen enthalten auch sie Milchsäurebakterien, die jedoch zumeist aus der menschlichen Darmflora gewonnen wurden. Sie zeichnen sich durch eine erhöhte Resistenz gegenüber Magen- und Gallensäure aus, so dass ein erhöhter Anteil, in der Regel 10 bis 40% der verzehrten Kulturen, den Darm lebend erreicht.

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