Kinder und Technik

Die Ipodisierung des Kinderzimmers

Mein erster eigener PC lief mit Windows 3.1. Ich beherrschte sämtliche DOS-Befehle und ein komplettes Backup passte auf 35 Disketten. Wer am PC spielen oder gar Musik hören wollte, brauchte eine Menge Geduld und ausreichend technisches Verständnis. Doch das änderte sich im Laufe der Zeit. Computer wurden immer alltagstauglicher. Technische Vorkenntnisse wurden immer unwichtiger und gleichzeitig stiegen die Möglichkeiten. Man wurde zu einem Teil dieser Entwicklung.

Als Teenager hatte ich einen Walkman, eine Platten bzw. Kassettensammlung und einen C64. Schallplatten wurden von Freunden ausgeliehen und auf Kassetten überspielt. Einmal, höchstens zweimal im Jahr bestellte man sich zusammen mit Freunden einige neue Platten. Diese hörte man sich gemeinsam an und betrachtete sich stundenlang die Cover. Auf MTV lief noch Musik und es gab noch Telefonzellen.


Bei meinem Sohn ist das alles anders. Er hat einen Ipod.

Mein Sohn ist ein digital native. Er wächst in einer Zeit auf, in der Computer und Handys Technologien des Alltags sind. Für ihn ist es eine Selbstverständlichkeit, sich über das Internet zu verabreden oder Verabredungen über das Handy zu koordinieren. Er kennt keinen Alltag ohne digitale Technologien. Das ist auch gut so. Doch muss ich mir immer wieder bewusst machen, dass er den Umgang mit der Technik nicht mit der Muttermilch aufgesogen hat. Wie alles andere, muss auch ein digital native den Umgang mit der Technik von jemanden erlernen.

Ein Ipod startet nicht von allein

Das Weihnachtsgeld ist üppig ausgefallen. Nicht das eigene, sondern das meines dreizehnjährigen Sohnes. Das Geld soll in einen Ipod touch investiert werden. Ich staune nicht schlecht, wie er das Vorführmodel im Elektronikmarkt bedienen kann. Er weiß und kann alles. Er weiß wo es die apps gibt und was diese alles können. Doch als ich ihn frage, ob er überhaupt itunes auf seinem Rechner hat und ob er weiß, dass die meisten dieser apps, sowie alle mp3 Geld kosten, schaut er mich mit einem Blick an und ohne etwas zu sagen, lese ich seine Gedanken: Du sollst nicht an der Allmacht (m)eines Ipods zweifeln.

Das tue ich trotzdem. Aber ich zweifele nicht an der Allmacht des Marktes und fürchte nur schlecht gelaunte Teenager. Der Ipod erhält einen Besitzer.

Um Ihnen die grausamen Details der Inbetriebnahme zu ersparen, fasse ich den folgenden Nachmittag kurz zusammen. Ich habe dann die im Kaufpreis nicht mit inbegriffene Gebrauchsanweisung runter geladen. Ich habe itunes installiert. Ich habe die Seiten mit den kostenlosen apps gefunden und ich habe dem digital native gezeigt, wie dieser seine CDs in ein mp3-Format konvertiert.

Von den Eltern lernen, heißt einen Ipod starten lernen

Anfänglich war ich über den misslungenen Nachmittag verärgert. Als der Ipod lief war die Teenagerwelt wieder in Ordnung, mein Sohn in den Sphären der digitalen Welt verschwunden und ich um weitere graue Haare reicher. Doch ich kann ihm nicht wirklich böse sein. Ich habe die neuen Technologien von Anfang an miterlebt und diese auch immer genutzt. Ich habe ihre Entstehung und ihre Weiterentwicklung miterlebt. Ich benutze die neuen Medien täglich. Sie sind so selbstverständlich, wie das Brotmesser. Dieses ist in seiner Funktion doch eindeutig, aber ein Kind muss erst lernen damit umzugehen. Es muss lernen, für was das Messer bestimmt ist und was damit nicht gemacht werden darf.

Nur weil Kinder in ein digitales Zeitalter hineingeboren werden, bedeutet es nicht, dass sie den Umgang mit der digitalen Welt automatisch beherrschen. Sie müssen an diese langsam herangeführt werden. Der Umgang mit den neuen Medien ist ein Teil der elterlichen Erziehung und sollte auch ernst genommen werden.

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