Bewusster Genuss – achtsam Essen am Familientisch

Gewohnheiten

Bewusster Genuss – achtsam Essen am Familientisch

Essen ist mehr als das Stillen eines körperlichen Verlangens. Achtsam Essen ist ein guter Weg, um Kindern einen bewussten Nahrungskonsum beizubringen.

Achtsamkeit – das bedeutet, Empfindungen und Gefühle bewusst wahrzunehmen, im Moment zu sein und die Aufmerksamkeit auf das zu richten, was man gerade tut. Diese Art der Wahrnehmung am Familientisch bei der gemeinsamen Mahlzeit zu praktizieren ist nicht einfach. Doch es lohnt sich, um zu einem bewussten Genuss zu kommen und den Kindern ein gesundes Essverhalten beizubringen.

Warum wir essen

Die naheliegende Antwort ist: aus Hunger. Doch das ist nur ein Teil der Wahrheit. Denn Essen stillt nicht nur unser körperliches Verlangen nach Nahrung. Wir essen auch aus Gründen, die mit unserer Umwelt zu tun haben und es gibt darüber hinaus eine Art seelischen Hunger. Wir alle kennen das Phänomen: Wir haben irgendwann im Laufe eines Tages oder einer Woche das Verlangen nach etwas besonders Süßem oder Salzigem, ohne wirklich hungrig zu sein. Aber das Essen bewirkt, dass wir uns kurzzeitig besser fühlen. Oft essen wir auch aus Gewohnheit. Wir knabbern beim Fernsehen nebenbei ein paar Chips, einfach weil es dazu gehört. Wir Frühstücken am Morgen um Punkt sieben Uhr, auch wenn der Magen noch gar nicht richtig wach zu sein scheint. Ein wichtiges Ziel ist es, Kindern den Unterschied zwischen diesen unterschiedlichen Arten von Hunger beizubringen und sie damit in die Lage zu versetzen, sich bewusst zu machen, wie sie sich nach dem Essen bestimmter Lebensmittel und Mengen fühlen. Das achtsame Essen ist dabei ein guter Weg, um den Kindern einen bewussten Nahrungskonsum beizubringen – ganz nebenbei, wenn alle Familienmitglieder um den Esstisch versammelt sind.

Um bewusst zu essen und das Essen zu genießen und zu erfahren, braucht es eine reizarme Umgebung

Achtsamkeit lässt sich auch auf die Art und Weise anwenden, wie wir essen, und hat Auswirkungen auf unser Verhältnis zum Essen. Es ist wichtig, schon in jungen Jahren ein gutes Verhältnis zum Essen zu entwickeln. Denn dies kann dazu beitragen, ein ungesundes Übergewicht in der Kindheit und im Erwachsenenalter zu verhindern.

So funktioniert achtsames Essen

Ziel des achtsamen Essens ist stets, dass man sich nach der Mahlzeit körperlich besser fühlt als zuvor. Beim Essen mit Kindern spielt darüber hinaus das Nahebringen neuer Lebensmittel mit ihrer Haptik, ihrem Geschmack und Mundgefühl eine wichtige Rolle. Die Kinder lernen verschiedene Geschmäcker kennen und erfahren, welche sie mögen und welche ihnen weniger liegen. Wenn wir Kindern beibringen, während der Mahlzeiten Achtsamkeit walten zu lassen, erhöht sich die Wahrscheinlichkeit, dass sie erfahren, wie sich Sättigung anfühlt. Sie können sich bewusster machen, wann sie eigentlich aus Langeweile, aus dem Bedürfnis heraus, getröstet zu werden oder aus Gewohnheit essen. Wenn wir langsamer essen und während der Mahlzeit präsent sind, kann sich unser Gehirn auf unseren Magen einstellen und uns sagen, wann wir satt sind. Dies kann dazu beitragen, übermäßiges Essen und Gewichtszunahme zu verhindern.
In der Praxis ist es hilfreich, für mehr Achtsamkeit am Esstisch Fragen an das Kind zu richten – oder auch kleine Aufgaben als Hilfestellung für eine bewusste Wahrnehmung zu geben.

  • Wie riecht das Stück Brot?
  • Wie sieht es aus?
  • Wie fühlt es sich in der Hand an?
  • Was schmeckst du?
  • Wie fühlt es sich im Mund an?
  • Was passiert, wenn du es besonders lange kaust – verändert sich der Geschmack?
  • Kau den nächsten Bissen mit geschlossenen Augen.

Kinder werden so zu Forschenden. Sie nutzen all ihre Sinne, um das Essen zu erkunden. Und die Aktivität eignet sich, um den Prozess des Essens zu verlangsamen.

Die passende Atmosphäre

Um bewusst zu essen und das Essen zu genießen und zu erfahren, braucht es eine reizarme Umgebung. Dass ein im Hintergrund laufender Fernseher oder das eingeschaltete Radio von der Konzentration auf die Mahlzeiten ablenken, versteht sich. Hilfreich ist es hingegen, wenn das Essen durch ein kleines Ritual eingeleitet wird. So kann eine Kerze auf dem Esstisch angezündet werden für eine gemütliche und schöne Atmosphäre. Sitzen alle am Tisch und haben einen gefüllten Teller, reicht sich die Familie die Hände und wünscht sich einen guten Appetit. Oder alle atmen vor dem ersten Bissen gemeinsam einmal tief durch und nehmen sich eine Sekunde Zeit.

Jeder nimmt sich selbst

Wichtig ist auch, dass die Kinder nach und nach den eigenen Hunger richtig einschätzen lernen. Zu diesem Zweck sollten sich die Kinder selbst den Teller füllen und sich so mit den richtigen Portionsgrößen vertraut machen dürfen. Wichtig ist dabei auch, dass ein nicht leer gegessener Teller kein Drama wird. Wer immer alles aufessen muss, wird nicht lernen, seinen Appetit einzuschätzen. Und ob ein Kind großen Hunger hat oder auch einmal gar keinen Appetit: Es sollte wertfrei hingenommen werden, damit sich die Kinder nicht aus schlechtem Gewissen zügeln oder sich vollstopfen.

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