Warum ist Muttermilch so wichtig für das Kind und welche gesundheitlichen Auswirkungen kann es haben, wenn ein Kind nicht gestillt wird?

Nicht gestillte Kinder

Über die Bedeutung der Muttermilch

Die meisten Kinder in Deutschland werden gestillt. Das entspricht dem Rat der Experten. Warum ist Muttermilch so wichtig für das Kind und welche Auswirkungen kann es haben, wenn ein Kind nicht gestillt wird?

Stillen bildet eine ideale Grundlage für die körperliche, geistige und emotionale Entwicklung des Kindes. Daher empfehlen sowohl die Weltgesundheitsorganisation (WHO) als auch die Nationale Stillkommission, ein Kind in den ersten sechs Monaten ausschließlich durch Muttermilch zu ernähren. Aus beruflichen Gründen stillen danach viele Frauen schon ab. Experten raten jedoch auch für die nächsten anderthalb Jahre zum Stillen. Ergänzend dazu kann das Kind aber schon mit altersgerechter Beikost versorgt werden.

In Deutschland werden immer mehr Kinder gestillt. Waren es 1994 noch 76 Prozent, wuchs der Anteil gestillter Kinder im Jahr 2005 auf über 81,5 Prozent. Und selbst unter den Müttern, die ihre Kinder nicht stillen, gibt es nur bei wenigen rein medizinische Gründe. Manche sorgen sich um ihr Aussehen und manche können der Werbung für Babynahrung nicht widerstehen. Andere Mütter wiederum resignieren nach ersten Stillproblemen. Sie sollten sich aber nicht entmutigen lassen sondern Rat und Hilfe suchen – z.B. bei Hebammen oder speziell ausgebildeten Stillberaterinnen. Sollte eine Mutter nicht stillen können oder wollen, besteht natürlich die Möglichkeit, Muttermilch abzupumpen.  Oder aber, man greift auf gespendete Muttermilch zurück. Diese ist jedoch in Deutschland kaum zu bekommen.

Was sind die Vorzüge der Muttermilch?

Durch ihren hohen Wasseranteil deckt sie zunächst den Flüssigkeitsbedarf des Säuglings. Vor allem aber verfügt Muttermilch über eine optimale Zusammensetzung und Dosierung lebenswichtiger Nährstoffe, darunter Eiweiße, Kohlenhydrate und Fette. Diese decken den Energiebedarf des Kindes, regeln die Verdauung und ermöglichen das Wachstum. Andere Stoffe wiederum sorgen für die Entwicklung des Gehirns.

Außerdem enthält Muttermilch weiße Blutkörperchen und Antikörper. Diese sind wichtig für den Aufbau des kindlichen Immunsystems und können nicht künstlich hergestellt oder anderweitig ersetzt werden. Die Bestandteile der Muttermilch zeichnen sich darüber hinaus durch eine hohe Bioverfügbarkeit aus. Sie können vom kindlichen Organismus sehr gut aufgenommen und verwertet werden, was bei künstlicher Babynahrung nicht immer der Fall ist.

Stillen intensiviert die Mutter-Kind-Beziehung

Stillen dient aber nicht nur der Ernährung des Säuglings. Durch die emotionale und körperliche Zuwendung wird zudem die Mutter-Kind-Beziehung gestärkt. Wenn der Säugling den Blick der Mutter auf sich gerichtet weiß und ihre beruhigende Stimme hört, wenn er ihren gleichmäßigen Atem und Herzschlag spürt, die Wärme und Weichheit ihrer Haut, wenn er darüber hinaus ihren Duft wahrnimmt und die süße sättigende Milch schmeckt, wenn er also mit allen Sinnen die Zuwendung der Mutter erfährt, dann fühlt sich der Säugling geborgen und kann das für seine weitere Entwicklung so wichtige Urvertrauen aufbauen.

Denn nur wenn die frühesten Bedürfnisse des Menschen, die körperlichen und emotionalen, umfassend befriedigt werden, ist die Voraussetzung dafür gegeben, sich auch später unter den Menschen heimisch zu fühlen, ihnen einerseits selbstsicher, andererseits sensibel gegenüber zu treten. Dazu kann das Stillen einen wesentlichen Beitrag leisten. Der intensive Kontakt während des Stillens ist auch für die Verständigung zwischen Mutter und Kind von Bedeutung. Denn die Mutter lernt dabei die spezifischen Ausdrucksformen des Kindes kennen, bekommt also ein Gespür dafür, welche Bedürfnisse ihr Kind hat bzw. wie es sie zeigt und wann sie befriedigt sind. Wenn eine Mutter ihr Kind nicht stillen kann oder will, sollte sie beim Füttern dennoch auf größtmögliche Nähe achten und den Blickkontakt zu ihrem Kind halten.

Welche Risiken gibt es für Flaschenkinder?

Durch das Saugen und den Hautkontakt beim Stillen wird im Baby (wie auch in der Mutter) ein Hormon freigesetzt (Oxytocin). Dieses wirkt angst- und schmerzlindernd und steigert die Entspannung und das Wohlbefinden des Säuglings. Wird ein Kind nicht gestillt und hat darüber hinaus wenig Hautkontakt zur Mutter, ist es aufgrund des fehlenden oder geringeren Oxytocin-Ausstoßes ängstlicher und schmerzempfindlicher als gestillte Kinder.

Nicht gestillte Kinder schlafen in der Regel schlechter ein bzw. durch und brauchen länger, bis sie einen stabilen Tag-Nacht-Rhythmus haben. Außerdem schreien sie mehr und leiden häufiger unter nächtlichen Bauchschmerzen.

Nicht gestillte Kinder häufiger krank

Gravierender sind hingegen die gesundheitlichen Risiken. Kinder, die nicht gestillt werden, sind häufiger und länger krank. Das führt nicht nur zu beträchtlichen Mehrkosten im Gesundheitswesen, sondern belastet natürlich vor allem die Kinder selbst und ihre Eltern. Besonders anfällig sind nicht gestillte Kinder für Infektionskrankheiten. So treten etwa Mittelohrentzündungen und Magen-Darm-Krankheiten doppelt so häufig auf wie bei gestillten Kindern, und auch unter Atemwegserkrankungen leiden sie 25 Prozent häufiger. Genauso erhöht ist das Asthma-Risiko, und  die Wahrscheinlichkeit, an Keuchhusten zu erkranken, ist über 40 Prozent höher als bei gestillten Kindern.

Außerdem gibt es unter nicht gestillten Kindern über ein Drittel mehr Diabetiker. Die Gefahr von Übergewicht (bei Sechsjährigen) sowie von Zahn- und Kieferfehlstellungen ist sogar doppelt so  groß wie bei gestillten Kindern. Hinzu kommt das Risiko verunreinigter oder falscher Babynahrung. So sollten Kinder z.B. in der ersten Zeit weder mit Tier- oder Pflanzenmilch noch mit Reis- oder Haferschleim gefüttert werden. Deren Nährstoffgehalt ist für Säuglinge derart ungeeignet, dass es zu gravierenden gesundheitlichen Beeinträchtigungen kommen kann.

Hinweise auf psychologische Folgen

Nicht gestillte Kinder sind jedoch nicht nur erhöhten gesundheitlichen Risiken ausgesetzt. Studien zufolge sind sie auch häufiger verhaltensauffällig bzw. in psychologischer Betreuung. Laut einer repräsentativen Einschätzung durch Mütter und Lehrer sind nicht gestillte Kindern sozial weniger kompetent bzw. integriert als gestillte Kinder. Auch gibt es Hinweise darauf, dass nicht gestillte Kinder schlechter mit psycho-sozialem Stress umgehen können und zwar unabhängig vom sozialen Hintergrund. Das zeigte eine Untersuchung von Trennungskindern. Außerdem sollen nicht gestillte Kinder mehr Probleme beim Lernen haben.

Sprechen keine medizinischen Gründe dagegen, sollten Kinder auf jeden Fall gestillt oder zumindest mit Muttermilch gefüttert werden. Die dadurch verabreichten Nährstoffe sowie die enge körperlich-emotionale Bindung an die Mutter sind die Voraussetzung für eine bestmögliche Entwicklung des Kindes und können nicht oder nur unzureichend ersetzt werden. Für ausführliche Informationen zum Thema Stillen sei Ihnen die Seite der Arbeitsgemeinschaft Freier Stillgruppen empfohlen.

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