Kinder und Fernsehkonsum

Wie findet man das richtige Maß?

Nachdem die Zahl von Kindern mit Übergewicht und psychosozialen Störungen zunimmt und diese Entwicklung als problematisch erkannt ist, fragen sich viele Eltern, ob nicht auch der Fernsehkonsum ihrer Kinder hinterfragt werden soll.

Heute wachsen die meisten Kinder ganz selbstverständlich mit dem Fernseher auf. Fast die Hälfte aller Kinder hatte im Jahr 2006 einen eigenen Fernsehapparat im Zimmer. Zwar stagniert die durchschnittliche Fernsehzeit laut der Studienreihe „Kinder und Medien“ (KIM-Studie) seit einigen Jahren, dies, so die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung, sei aber immer noch zu viel. Was sollten Eltern also wissen, um ihren Kindern in Sachen Medienerziehung gerecht zu werden?

Wie Kinder Fernsehen erleben

Mit etwa eineinhalb bis drei Jahren beginnen Kleinkinder sich für den Fernsehapparat zu interessieren. Grundsätzlich erfahren Babys von Geburt an akustische Reize stärker als optische. Auch benötigen sie zunächst den direkten persönlichen Kontakt zu Erwachsenen sowie die Möglichkeit reale Gegenstände zu ertasten, um sie so in ihre Erfahrungswelt einzuschließen.

Dass der magische Apparat regelmäßig die Aufmerksamkeit der ganzen Familie auf sich zieht, entgeht den Kleinen nicht, und so drücken auch sie irgendwann an der Fernbedienung oder dem DVD-Player herum.

Sollen Kleinkinder mit dem Medium Fernseher altersgemäß in Berührung kommen, gilt es darauf zu achten, dass Programme ruhig gestaltet sind und die Abfolge der Handlungen linear erfolgt, so dass die Kinder auch etwas erfahren können. Ab dem Alter von zwei Jahren eignen sich entsprechend die Sendungen „Bob der Baumeister“ oder auch „Teletubbies“. Ein bis zweimal die Woche können Kinder dieses Alters für ungefähr 20 Minuten fernsehen.

Wenn Kinder im Alter von drei bis fünf Jahren eine Geschichte nacherzählen, haben sie Schwierigkeiten, Ursache und Wirkung innerhalb eines Films aufeinander zu beziehen. Sie nehmen den Film nur punktuell wahr, meistens sind es Szenen, die den Kindern aus ihrem eigenen Erleben vertraut sind. Diese bruchstückhafte Wahrnehmung resultiert zum einen aus der begrenzten Konzentrationsfähigkeit der Kinder, und zum anderen daraus, dass sie die inszenierte Geschichte und die reale Wirklichkeit, in der sie leben, noch nicht deutlich unterscheiden können.

Filme und Fernsehsendungen für Kinder dieses Alters sollten deshalb an ihre Erlebniswelt anknüpfen. Größere Geschichten aus vielen kurzen überschaubaren Szenen zusammengesetzt sein, so wie der Film „Winnie Puh“ oder „Petterson und Findus“. Insgesamt sollten die drei bis fünfjährigen Kinder nicht mehr als 30 Minuten pro Tag fernsehen.

Mit dem Alter entwickeln Sechs- bis Neunjährige die Fähigkeit, in Filmen einen Zusammenhang und damit größere Handlungsabläufe zu erkennen. Mehrere Figuren, Zeit- und Ortswechsel werden richtig eingeordnet. Vom Grundschulalter an begreifen sie zunehmend, dass das Fernsehen eine mittelbare und abstrakte Erlebniswelt ist. Die ersten Erfahrungen mit dem Computer, Spielkonsolen und anderen Medien kommen hinzu.

Ab diesem Zeitpunkt sollte die Gesamtmedienzeit eine Stunde pro Tag nicht überschreiten. Natürlich lässt es sich nicht immer vermeiden, dass etwa ein Film den vorgegebenen Zeitrahmen sprengt. Lassen Sie ihre Kinder den Film zu Ende sehen und sorgen Sie am darauf folgenden Tag für einen Ausgleich, zum Beispiel durch Sport.

Ungefähr ab zehn Jahren sind Kinder in der Lage, dramaturgische Stilmittel wie Handlungen auf mehreren Ebenen, Perspektivwechsel, Rückblenden usw. zu verstehen.

Ab diesem Alter kann eine Distanzierung vom Gesehenen erfolgen. Aber Vorsicht, noch bedarf das kindliche Abstraktionsvermögen elterlicher Begleitung. Sprechen Sie deshalb mit ihrem Kind über die gesehenen Inhalte. Insgesamt sollten Kinder zwischen zehn und dreizehn Jahren nicht mehr als eineinhalb Stunden pro Tag fernsehen.

Kinder und mediale Gewalt

Die Bedeutung und Wirkung der Gewaltdarstellung wird oft kritisch hinterfragt. Werden Kinder durch mediale Gewalt selbst gewalttätig? Die Frage lässt sich nicht so einfach beantworten. Kinder, die gewalthaltige Sendungen sehen, werden nicht automatisch gewalttätig. Zunächst gilt, dass Gewalt umso existentieller erlebt wird, umso realistischer die Darstellungen sind.

Zwar kämpfen die Helden im Zeichentrickfilm „Power Rangers“ gegeneinander, es fließt aber kein Blut. Die Anknüpfung an die realen Schmerzerfahrungen der Kinder unterbleibt. Vielmehr wollen Kinder genauso stark und unbesiegbar sein wie ihre Helden.

Was als Gewalt angesehen wird, hängt stark mit der sozialen Herkunft der Kinder zusammen. Manch ein Kind empfindet schreiende Eltern bereits als gewalttätig, ein anderes ängstigt sich dagegen erst, wenn Eltern handgreiflich werden. Jedes Kind entwickelt in der Auseinandersetzung mit der eigenen Familie ein individuelles Gewaltverständnis.

Ob die Gewalt im Fernsehen den Einzug in das Leben ihres Kindes findet, hängt mithin weniger vom Fernsehen ab, sondern vielmehr davon ab, was es in seiner Umwelt, insbesondere in der eigenen Familie, für Erfahrungen mit Gewalt macht.

Fernsehen als Teil unseres Alltags

Der Umgang mit den neuen Medien und allen voran dem Fernsehen, muss von Kindern erlernt werden. Der zahlreiche Angebot an Programmen im Fernseher bringt es mit sich, dass Sendungen passend ausgesucht werden müssen. So ist es möglich auch die Medienkompetenz der jungen Zuschauer zu fördern, damit aus ihnen eines Tages selbstbestimmte erwachsene Fernsehkonsumenten werden.

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