Trendsport jenseits von Vereinen

Jugendliche organisieren ihren Sport selbstständig

Gerade in den Sommermonaten sind sie zu beobachten – die Trendsportarten. Parkour, Cross Golf oder einfach nur Jonglieren. Der Kreativität und dem sportlichen Ehrgeiz der Jugendlichen sind keine Grenzen gesetzt. Nur Vereinsstrukturen sucht man vergeblich.

In meiner Kindheit und Jugend war ich jahrelang Mitglied des örtlichen Fußballvereins und habe dort mit großem Erfolg die Ersatzbank warm gehalten. Über den Verein wurde ich sozialisiert und fand Anschluss. Eigentlich war ich ganz zufrieden.

Aber mit der Eigentlichkeit ist das so eine Sache. Denn andere Aktivitäten, die mir viel lieber waren, wie skaten oder BMX fahren galten als Freizeitbeschäftigung und wurden nicht als sportliche Betätigung angesehen. Mehr noch, es galt als rumhängen. 

Betrachte ich den eigenen pubertierenden Nachwuchs, kann ich verstehen, warum der Vereinssport für Jugendliche unattraktiv ist. Vielleicht ist es falsch, die Gründe in Vereinsstrukturen oder der Vereinsmeierei zu suchen. Vielmehr sollte ein Blick auf die Funktionsweise von Netzwerken geworfen werden.

BMX im Park statt Fußball im Verein

Nach Jahren im Fußballverein war plötzlich Schluss. Vielleicht lag es am Umzug, vielleicht an der einsetzenden Pubertät oder vielleicht hatte er einfach keine Lust mehr auf Fußball. Anfänglich war ich noch leicht irritiert, dass das Kind in keinen Verein mehr will und grübelte was wohl passiert sein könnte.

In der Zwischenzeit versuchte er sich am Jo-Jo, er jonglierte und er entdeckte das BMX für sich. Er blieb also sportlich und selten allein dabei. Das BMX aber, wurde zum bedeutendsten und prägendsten Sportgerät. Mit dem BMX geht es meistens in den Park. Aber ein BMX wird nicht nur gefahren. Es werden Tricks und Sprünge gemacht. Die bikes werden modifiziert. Aber vor allem wird damit angegeben. BMX fahren ist also mehr als nur Sport. Es ist ein Lifestyle, der verbindet.

Zum BMX fahren wird sich üblicherweise im Park getroffen. Dort gibt es einige ramps und einen pool. Kinder, Jugendliche aber auch junge Erwachsene tummeln sich an den Treffpunkten. Und hier passiert erstaunliches. Obwohl sich die wenigsten kennen, unterhält man sich lebhaft, es werden Erfahrungen ausgetauscht, Tricks erklärt und Ratschläge gegeben. Die älteren Fahrer führen den jüngeren den richtigen Einstieg in den pool vor. Sie filmen sich gegenseitig, um die Tricks später auszuwerten oder einfach nur um ein tolles Video zu haben.

Auf den ersten Blick unterscheidet sich nicht viel von einem üblichen Sportverein. Es gibt Sportgeräte, einen entsprechenden Platz, Regeln, Disziplinen und Bewertungskriterien.

Sport in eigener Regie 

Die meisten neuen Extrem- und Trendsportarten wie Parkour oder Crossgolf finden im öffentlichen Raum statt. Sie sind für alle offen und das Publikum ist immer gratis dabei. Das ist schon ein wesentlicher Unterschied zu Vereinen, die Nichtmitglieder ausschließen oder für Veranstaltungen Geld verlangen.
Während der Verein klare Regeln aufstellt, sind Sportler die sich frei organisieren keinen Verpflichtungen unterworfen. Sie machen alles auf freiwilliger Basis nach einem Konsensprinzip.

Ähnlich wie Vereine sind solche Netzwerke hoch effektiv. Sie bringen Spitzensportler hervor, sie können sich bis zu internationaler Ebene organisieren und vermarkten.

Die beiden wichtigsten Punkte sind wohl Selbstorganisation und Eigenverantwortung. Es ist doch erstaunlich, dass sich die BMX-Fahrer und Fahrerinnen am pool treffen und jeder mal fahren kann, ohne dass es eine festgelegte Reihenfolge gibt. Die Profis fahren mit den Amateuren. Die Großen mit den Kleinen. Wenn jemand mal keine Zeit hat, muss er sich nicht beim Trainer entschuldigen oder gar anrufen. Das Organisatorische unterliegt keinem festen Regelwerk und irgendwie klappt es trotzdem. 

Der Erfolg dieser Organisationsform liegt wohl darin, dass alles freiwillig passiert und jenseits von Strukturen und Regel Gemeinschaft entsteht. Niemand ist verpflichtet etwas zu tun und trotzdem werden alle Aufgaben erledigt. Zudem werden der Kreativität keine Grenzen gesetzt und niemand muss sich einer Hierarchie unterordnen. Klingt romantisch? Vielleicht, aber mir wird täglich vor Augen geführt, dass es funktioniert.

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