Sexueller Missbrauch an Kindern

Tatort Familie

Sexueller Missbrauch von Kindern ist eine Form der Kindesmisshandlung und findet meist, so haben Studien ergeben, im engsten Familien- und Bekanntenkreis statt. Doch auch vor Übergriffen von Fremden kann man sein Kind durch gezielte Aufklärung und Präventionsmaßnahmen schützen.

Obwohl in den Medien die Berichte über Entführungen, Missbrauch, Misshandlung und schließlich sogar Tötung von Kindern durch Fremde dominieren, passieren solche Extremtaten laut Polizeistatistik eher selten. Das alte Märchen vom bösen fremden Mann, der sich an Kindern vergeht, kann man also, geht es um Kindesmissbrauch, getrost vergessen.

Der fremde Täter – ein Märchen!

Ob verbale Belästigungen, exhibitionistische oder sexuelle Handlungen oder Masturbation – die meisten Fälle von Gewaltverbrechen und sexuellem Missbrauch passieren im engsten Familien- oder Bekanntenkreis. Je enger die Beziehung zwischen Opfer und Täter ist, desto höher ist auch die Wahrscheinlichkeit, dass der Missbrauch über eine längere Zeit anhält und dass, neben der physischen Gewalt auch eine starke psychische Gewalt ausgeübt wird.

Drohung, Einschüchterung, Bestechungen – die Täter nutzen meist eine Vielzahl an psychischen Druckmitteln, um das kindliche Opfer in seiner stummen Verzweiflung zu halten.

Stumme Opfer

Je enger die familiäre oder verwandtschaftliche Beziehung, desto intensiver greifen diese Mechanismen und desto schwieriger ist es für das Kind, auf den Missbrauch aufmerksam zu machen und sich den Übergriffen zu entziehen. Denn Vater, Stiefbruder oder Patenonkel sind enge Vertraute für die anderen Familienmitglieder. Sie eines Verbrechens zu verdächtigen, ist für viele undenkbar.

Neben den bestehenden Machtstrukturen fehlen den Opfern oft auch einfach die Worte, um über das Unbeschreibliche zu sprechen. Um so wichtiger ist es, Eltern sowie Betreuer und in der Kinder- und Jugendarbeit tätige Personen gezielt in Präventionsmaßnahmen und Weiterbildungen zu schulen und für das Thema sexueller Missbrauch an Kindern zu sensibilisieren.

Missbrauch erkennen – Wie Eltern, Lehrer und Erzieher Symptome richtig deuten

Eltern, Erzieher, Lehrer, Trainer und Kinderärzte haben tagtäglich mit Kindern und Jugendlichen zu tun. In entsprechenden Präventionsmaßnahmen lernen sie, Auffälligkeiten zu erkennen und Kinder vor sexueller Gewalt zu schützen. Ziel spezieller Fortbildungsmaßnahmen zum Thema sexueller Missbrauch ist es, erwachsene Bezugspersonen für sexuellen Missbrauch an Kindern und Jugendlichen zu sensibilisieren.

Zwar gibt es keine allein für Missbrauch spezifischen Symptome oder Störungsbilder, so dass es im Einzelfall sehr schwierig ist, sexuelle Gewalt eindeutig zu erkennen und aufzudecken. Dennoch gibt es oft genügend Hinweise und Symptome, die einen Verdacht nahelegen.

Werden entsprechende Hinweise erkannt, ist es, ganz unabhängig von verwandtschaftlichen oder bekanntschaftlichen Beziehungen, Aufgabe eines Jeden, einzuschreiten und Hilfe zu holen.

Mögliche Symptome für sexuellen Missbrauch

Auch wenn mehrere der folgenden Symptome auftreten, muss nicht immer sexueller Missbrauch vorliegen. Sie können jedoch ein erstes Indiz dafür sein. Dabei können die Auffälligkeiten bei Jungen wie bei Mädchen und abhängig vom Alter des Kindes ganz unterschiedlich ausfallen.

Schlafstörungen, Bettnässen, Bauchschmerzen, Sprachstörungen oder ein plötzlicher Rückfall in Kleinkindverhalten gehören zu den allgemeineren Auffälligkeiten. Auch ein auffälliges Essverhalten, Angstzustände oder Schulschwierigkeiten können Anzeichen für sexuellen Missbrauch sein. Viele Kinder flüchten sich in Lügen und Phantasiewelten, um sich der physischen und psychischen Gewalt zumindest gedanklich zu entziehen.

Bei älteren Kindern kann es zum Alkohol- und Drogenmissbrauch kommen, auch wiederholte Straftaten, insbesondere Diebstähle, können Rückschlüsse auf erfahrene Gewalt zulassen.

Wie Kinder vor sexuellen Übergriffen geschützt werden können

Studien belegen: Täter suchen sich bevorzugt unsicher und unselbständig wirkende Kinder. Damit es also erst gar nicht zu sexuellen Übergriffen kommt, ist es wichtig, Kinder in ihrer Persönlichkeit zu stärken.

Ob zu Hause, in der Schule, auf der Straße, im Internet oder Sportverein – Studien zeigen: Selbstbewusstsein ist der wirksamste Schutz vor sexuellem Missbrauch und sollte deshalb als erklärtes Erziehungsziel in der täglichen Arbeit von Eltern, Erziehern und Lehrern verankert sein.

Prävention – Jungen und Mädchen stärken!

Spezielle Präventionsmaßnahmen für Kinder sind darauf ausgerichtet, frühzeitig das Selbstvertrauen, Selbstbewusstsein und Selbstwertgefühl der Kinder zu stärken und ihre Konflikt- und Kommunikationsfähigkeit zu fördern.

In Kursen und Rollenspielen lernen die Kinder spielerisch, die eigenen Gefühle und Bedürfnisse wahrzunehmen und zu äußern, und werden darin bestärkt, indem ihre Befindlichkeiten ernst genommen und ihre Privatsphäre respektiert werden.

Dazu gehört auch, dass das Kind lernt, NEIN sagen und über seinen Körper selbst bestimmen zu dürfen – egal, ob es um den feuchten Schmatzer der Oma oder die erdrückende Umarmung des Onkels geht. Denn ein gesundes Vertrauen in das eigene Bauchgefühl ist für starke Kinder elementar.

Trau Deinem Gefühl

Viele Peiniger nutzen ganz bewusst die Verschwiegenheit ihrer Opfer, indem sie ihnen einreden, ein gemeinsames Geheimnis zu hüten. Zu den Präventionsmaßnahmen gehört also auch, Kindern zu vermitteln: Es gibt gute und schlechte Geheimnisse! Und: Schlechte Geheimnisse dürfen weitergesagt werden!

Hilfe holen ist erlaubt

Doch auch stark sein ist nicht per se gut und richtig. Gerade Jungen stehen oft unter dem Druck, dass ihnen vermittelt wird, sie dürften Gefühle wie Angst und Scham nicht äußern. Sich Rat und Hilfe bei anderen zu suchen, wird oftmals als „nicht männlich“ abgetan.

Solche Mechanismen gilt es, in der Erziehungsarbeit bewusst zu vermeiden und den Kindern stattdessen zu zeigen: Wenn Dir jemand schlechte Gefühle bereitet, dann darfst Du dir Hilfe holen!

Was kann ich tun, wenn ich einen Verdacht habe?

Viele Beratungsstellen bieten umfangreiches Informationsmaterial und spezielle Weiterbildungsprogramme für Pädagogen ebenso wie für Kinder und Jugendliche an. Hier bekommen auch alle Hilfe, die einen Verdacht haben oder selber Gewalt erfahren haben.

Inzwischen existiert auch eine große Auswahl an Büchern, Hörbüchern und Hörspielen, die sich kindgerecht mit dem Thema sexueller Missbrauch und sexuelle Gewalt an Kindern und möglichen Präventionsmaßnahmen beschäftigen.

Wie kann ich helfen?

Bei einem Verdacht kann man sich an eines der öffentlichen Ämter oder an eine der zahlreichen Beratungsstellen wenden, auf Wunsch oft auch anonym.

Geeignete Ansprechpartner sind die örtlichen Gleichstellungsstellen, auch Frauenamt, Frauenbüro, Frauenbeauftragte oder Gleichstellungsbeauftragte können weiterhelfen oder zuständige Anlaufstellen vermitteln.

Auch beim Jugendamt (Allgemeiner Sozialer Dienst, Jugendschutz, Kinderschutz) oder in der örtlichen Erziehungsberatungsstelle gibt es meist eine für (sexuelle) Gewalt an Kindern zuständige Stelle.

Weitere Anlaufstellen

Beim kostenlosen Hilfetelefon (08000 116 016) können sich hilfesuchende Frauen, Betroffene aber auch Familienangehörige, Freunde und Fachkräfte rund um die Uhr anonym, kompetent und sicher zu allen Formen der Gewalt gegen Frauen beraten zu lassen.

Unabhängige Beratungsstellen und Vereine bieten Beratungs- und Präventionsangebote sowie Informationsmaterial zu sexuellem Missbrauch an Kindern.

Auch die Polizei ist Ansprechpartner bei Verdacht auf sexuelle Gewalt.

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